An einem Freitag dem 13. im Juni 2025 erreichte ein sich seit 2021 anbahnendes Projekt einen weiteren Meilenstein: Rosengarten aus Salzwedel trat nach etwas mehr als 30 Jahren wieder als Band vor zahlendem Publikum auf. Im UT-Connewitz in Leipzig.
Zeitgleich erschien das dritte Album in einer Reihe von Wiederveöffentlichungen der Band: die Vierfach-LP-Box „Schwarze Wolken“, die nicht nur rare Aufnahmen von 1984 bis 1992 enthält, sondern auch ein 60+ seitiges Booklet mit der definitiven Bandgeschichte liefert. Dieter Möhrchen hat mit allen (!) Bandmitgliedern gesprochen, hat das Schrift-, Bild- und Tonmaterial der verschiedenen Privat-Archive gesichtet und mit Fakten aus verfügbaren Veröffentlichungen und offiziellen Archivbeständen abgeglichen. Dabei hat es sich als Vorteil herausgestellt, dass die Veröffentlichung der Box mehrmals verschoben wurde. Bis zuletzt kamen noch Wortmeldungen und detailreiche Zuarbeiten zustande.
Selbst denen die meinen, die Band, ihre Musik und die Geschichte dahinter schon zu kennen, empfehle ich dringend, vor dem Besuch eines Konzertes von Rosengarten in diesem Jahr das Album zu hören und das Booklet zu lesen.
Umgekehrt geht natürlich auch. Ich hatte keine andere Wahl. Als am Freitag nach dem Auftritt von Neurot das Logo von Rosengarten auf der Leinwand des UT-Connewitz erschien, war ich komplett offen für alles. Ich kannte die Musiker auf der Bühne zum größten Teil aus den späten 80ern. Der einzige, dessen musikalische Karriere ich seit dem weiter verfolgen konnte, war Peggy (Torsten Füchsel). Anfang 2025 hatte die aktuelle Besetzung von Rosengarten auf Bandcamp „Twilight Paradies 2.0“ veröffentlicht. Ein nett produzierter, fluffiger, Alternative Popsong.
Und auch, wenn der Gig von Rosengarten an dem Abend seine netten Momente hatte – mir fällt eher „böse“ und „bestimmt“ ein, wenn ich nach Adjektiven für den Gesamteindruck suche. Aber auch „entspannt“ und „verspielt“. Wenn die Typen auf der Bühne irgendwie nervös waren, dann hat man davon vor der Bühne wenig mitbekommen. Das Zusammenspiel machte eher einen routinierten Eindruck – vielleicht hat die verlängerte Probenzeit durch die vielen verschobenen Konzerttermine seit 2024 hier gutes bewirkt.
Der Sound war super. Nachdem Neurot an diesem Abend eher Pech mit der Akustik im UT-Connewitz hatte, hat der Mix für Rosengarten perfekt funktioniert.
Das Highlight dieses (und vermutlich auch der noch kommenden) Rosengarten Auftritts war Helge Semlow. Der Sänger hat seine Rolle als optischer und inhaltlicher Mittelpunkt der Performance voll ausgefüllt. Diese Aufgabe ist ja besonders dann eine Herausforderung, wenn der Rest der Band überwiegend an ihre Instrumente gebunden ist und auch sonst eher keine Anstalten macht, als Rampensäue zu agieren. Helge Semlow wechselt gelegentlich das Outfit – von neutral Schwarz über buntes Blumen (Rosen?) Hemd, über Karo-Vestover zu freiem Oberkörper. Das sind Outfits, die das Spektrum der Rosengarten-Songs aus 7 Jahren (1985-1992) illustrieren.
Aus diesem Repertoire bedient sich das Set. Alle Songs sind wieder zu erkennen und klingen doch modern. Das gehört zu den guten Aspekten des Abends: Sechs (wieder) eingespielte Musiker, die vor zig Jahren unter komplett anderen Bedingungen einen Bandstil entwickelt haben, spielen diese Stücke heute voller Energie und Leidenschaft. Wenn man selbst die Zeit miterlebt hat, in der die Stücke entstanden sind, die Musik kennt, die als Einflüsse damals zur Verfügung stand und wenn man die Zeit seit dem auf ähnliche Weise erlebt hat, wie die Musiker auf der Bühne, dann ist man zumindest berührt – auf eine angenehme Art mitgenommen. Mit man meine ich natürlich mich. Das kann jede oder jeder auch ganz anders empfinden.
Am 13. Dezember wird es nach vielen Verschiebungen das lang ersehnte Rosengarten-Konzert in Salzwedel geben. Dann mit einem etwas längeren Set als in Leipzig.
Schon am 28.6. spielt die Band im Rahmen der Local Heroes Qualifikation als Special Guest.
Rosengarten auf Bandcamp: rosengarten.bandcamp.com
Rosengarten beim Majorlabel: majorlabel.shop
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